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Der Weg zum Roman



Hier will ich einmal aufzeigen, wie ich arbeite, um einen Roman, von der ersten Idee bis hin zum fertigen Manuskript, zu entwickeln. Dabei schildere ich meine ganz persönliche Herangehensweise. Es ist daher keine "Gebrauchsanweisung" für künftige Autorinnen und Autoren. Aber vielleicht ist es für Sie, als Leser, einmal interessant, hinter meine Kulissen zu sehen.



Erste Ideen und Grundlagen


Eigentlich erzählt man in einem Roman ja nur eine Geschichte. Aber wenn man sie gut erzählen will, hängt eine Menge Arbeit daran. In dem Fall begnüge ich mich nicht damit, ein paar Helden durch die Gegend laufen zu lassen, denen ein paar Bösewichter zum Fraß vorgesetzt werden. Ich finde, der Leser hat mehr verdient.


Jeder Roman beginnt bei mir mit einer Grundidee und ein paar spannenden Szenen, die ich dazu im Kopf habe. Doch mir stellt sich dann sofort die Frage, warum es zu dieser Handlung kommen sollte und was der Auslöser einen Konfliktes sein könnte. Kaum ein Bösewicht ist schließlich nur "Böse", sondern besteht, wie jedes Individuum, aus einer Vielzahl von Schattierungen und dies gilt ebenso für die Völker.
Um eine "Fantasy-Welt" zu erschaffen, nutze ich jene Grundlagen, auf denen jede reale Welt basieren muss. Zunächst entsteht eine Karte mit den geographischen Gegebenheiten. Landschaften, Berge und Flüsse sowie möglichen Ressourcen. Welche Völker könnten dort leben? Wo sind ihre Siedlungen und wie sehen sie aus? Wovon und wie leben sie? Welche Traditionen, welche Kultur, Wirtschaft und Technik haben sie? Welche Beziehungen haben sie zu anderen Völkern? Wodurch entstehen Konflikte?


Der Hauptarbeitsplatz. Links im Bild das erforderliche Grundnahrungsmittel. Oberhalb der Tastatur der Notizblock für spontane Einfälle. Nicht im Bild und rechts auf dem Fußboden ... Der Karton, in dem sich Zettel und Notizen mit Ideen ansammeln. Glücklicherweise wird er niemals leer.


Viele Völker – nur eine Sprache?

Dazu kommt noch ein Entscheidendes, welches wir Autoren sehr gerne unbeachtet lassen – Welche Sprachen nutzen die Völker?
Wenn wir die Vielzahl der Idiome unserer realen Welt betrachten, erscheint es doch sehr unwahrscheinlich, dass Orks, Elfen, Zwerge, Menschen und die verschiedensten anderen phantasievollen Völker alle die gleiche Sprache verwenden. Aber, zugegeben, dieses Problem schneidet man nur selten an, denn eine gemeinsame Sprache ist nun einmal die Voraussetzung gegenseitiger Verständigung. Manche Autoren lösen dieses Problem durch eine „Handelssprache“, die natürlich auch von jenen verstanden wird, die nie zuvor Kontakt zueinander hatten.


Verschiedene Kulturen

Zur Entwicklung einer Kultur gehört für mich, sie in ihren Einzelheiten auszuarbeiten. Ihre jeweilige Legende, typische
Angewohnheiten, Bekleidung, Haartracht, ihre Häuser und Siedlungen, besondere Riten, Währung, Technik, soziale Struktur und dergleichen. Dies wird von mir, zumindest in Grundzügen, entwickelt. Nicht alles davon taucht in einem Roman auf. Ein Roman ist ja kein Reiseführer. Andererseits sollte ein Autor aber auch aufzeigen, warum es zu bestimmten Handlungen und Resultaten kommt.


Der Stand der Technik

Obwohl ich in meinen Romanen gerne den Bereich der klassischen "High Fantasy" aufgreife, berührte ich mit ihnen auch oft
technische Elemente und den "Steam Punk". Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Ein Volk, welches stählerne Schwerter benutzt, kann nicht immer auf der technischen Entwicklungsstufe des schmiedeeisernen Kerzenhalters stehen geblieben sein.

Gesellschaftskritik

Ich „liebe“ dieses Wort. Autoren und Verlage benutzen es sehr gerne. Es verleiht dem Schriftsteller fast schon den Ruf des
"Sozialwissenschaftlers", der den Dozentenfinger in die schwärenden Wunden der Gesellschaft legt, und gibt Leserinnen und Lesern das Gefühl, nicht nur zu lesen, sondern an der Gesellschaftskritik teilzuhaben.
Der Begriff der "Gesellschaftskritik" kann aber wohl jedem halbwegs guten Roman zugrunde gelegt werden. Die Schilderung eines "Fantasy-Volkes" und seiner Handlungen lassen immer Parallelen zu unserer realen Gesellschaft oder Geschichte zu, und können daher immer auch als Kritik gesehen werden. Ich finde, Leserin oder Leser sollten selbst zwischen den Zeilen lesen und eigene Interpretationen zu treffen.

Heldinnen und Helden

Ja, selbstverständlich, jeder Roman braucht seine Heldinnen und Helden. Obwohl es die eigentlich ja gar nicht gibt. Jeder Akteur
hat schließlich seine Stärken und Schwächen. Ich versuche daher, meine verschiedenen Figuren "menschlich" darzustellen und ihre jeweiligen Eigenheiten herauszuarbeiten. Dabei verzichte ich gerne auf charakterliche Beschreibungen, sondern lasse sie lieber durch ihre Handlungen und Dialoge lebendig werden.
Kein Leser schätzt es besonders, wenn er in einem Roman mit vielen Figuren konfrontiert wird, die er kaum noch auseinander halten kann.
Andererseits ist es nicht unbedingt realistisch, wenn alle Ereignisse einer Welt ausgerechnet über den Hauptfiguren zusammenschlagen. Das wäre dann ungefähr so, als würde sich ein Autor die Nachrichten ansehen und danach behaupten, sein Hauptakteur sei bei allen Ereignissen persönlich beteiligt gewesen.
Ich verwende daher gerne Nebenfiguren, die mit jenen Ereignissen konfrontiert werden, die ihre Auswirkungen auf die "Helden" haben. Gerade das gibt mir die Möglichkeit, die Handlung aus der Sicht des "Normalos" zu schildern und die einzelnen Völker auf besondere Weise zum Leben zu erwecken.

Spaß und Spannung

Ich möchte mit meinen Romanen unterhalten und es soll Spaß machen, sie zu lesen. Daher lege ich viel Wert auf eine
actiongeladene Handlung und die Dialoge. Gerade die Gespräche der Akteure geben die Möglichkeit, meinen Humor einfließen zu lassen und die Gegensätze verschiedener Ansichten oder Kulturen mit einem Augenzwinkern zu betrachten.
In meinen Romanen geht es dabei allerdings durchaus gewaltsam zu. Bei den Schilderungen verzichte ich möglichst auf zu blutige Details, denn Fantasy-Romane unterliegen nun einmal keiner Altersbeschränkung.


Meine persönliche Entwicklungsleiter für einen Roman

Im ersten Schritt lege ich fest, welches Thema dem Roman zugrunde liegen soll.
Dazu gehört der zweite Schritt, in dem ich eine Karte entwickle, welche die geographische Gegebenheiten, Verkehrswege, Flüsse und Siedlungen beinhaltet.
Diese Karte ist die Grundlage, die Völker, Kulturen und Eigenheiten zu entwerfen. Ein Volk der Seefahrer hat ja wahrscheinlich eine andere Entwicklung, als eines von Bergbewohnern.
Die Völker sind wiederum Voraussetzung, mögliche Konflikte auszuarbeiten und zu überlegen, wie diese sich entwickeln könnten oder ausgetragen werden.
Erst jetzt feile ich an den Hauptfiguren und füge Nebenfiguren hinzu. Oft entstehen letztere durch den Erzählfluss der Handlung und werden somit nachträglich eingebaut.
Dann entwickle ich einen Handlungsstrang und schon geht es los.

Ideen zu entwickeln und Geschichten zu erzählen, fällt mir sehr leicht. Oft ist der Ideenreichtum so groß, dass ich diverse Einfälle
notiere, um sie später für andere Projekte zu verwenden.
Schreibblockaden? Unbekannt.
Sofern der PC funktioniert und der Kaffee griffbereit ist.


Ein wesentliches Hilfsmittel - Die Karte

Zu praktisch jedem meiner Romane gehören ein oder zwei Karten. Selbst, wenn diese später vom Verlag nicht veröffentlicht werden. Diese Karten erfüllen für mich mehrere Zwecke. Sie visualisieren das Umfeld meiner Akteure und sie ermöglichen mir die realistische Berechnungen der Wegstrecken. Eine Maßstabsgerechte Karte erlaubt es mir somit, die Dauer einer Reise per Fuß, Pferd oder Wagen zu kalkulieren. Ich habe Romane gelesen, in denen die Autoren ihre Helden derart forsch durch die Gegend beamen, das man versucht ist, in den Himmel hinauf zu sehen und dort nach der Enterprise zu suchen.
Die Karte erfüllt allerdings auch einen dritten Zweck. Speziell bei einer Chronologie, wie zum Beispiel den Pferdelords, zeigt sie Veränderungen auf.

Ich erstelle meine Karten meist in PowerPoint. Das ist jetzt keine Werbung für dieses Programm, sondern schlicht das Eingeständnis, dass ich mich mit anderen Grafikprogrammen einfach nicht auskenne und lieber Bücher schreibe, als das zu erlernen. Ich hoffe, ich handele da in Ihrem Sinn.
Die elektronische Karte erlaubt mir schnelle Veränderungen und die Erstellung von Ausschnittskarten.

Beispiel für die Entwicklung einer Karte



Bleistiftzeichnung der Karte der Hochmark für Band 1 der Pferdelords. Eingescannt und nachträglich beschriftet.




Nach der Übernahme in elektronische Form. Links kann man den "Maßstab" erkennen, der Grundlage für die Reiseberechnungen ist.


Die "Master-Karte"


Ich bitte um Nachsicht, dass Sie auf der nachfolgenden Karte kaum etwas erkennen können. Es handelt sich um meine "Master-Karte", die im Original die Größe von DIN A 3 aufweist und während der Arbeiten, an der Reihe um die Pferdelords, direkt neben dem Arbeitsplatz an der Wand hing.